Donnerstag, 28. September 2017

Yi Sha (伊沙): ÜBERQUERUNG DES GELBEN FLUSSES

Ich erhalte eine Verlagsnachricht von fabrik.transit, dass

Yi Sha (伊沙): ÜBERQUERUNG DES GELBEN FLUSSES
(車過黄河) Band 2 Gedichte (2010-2017), übersetzt von Martin Winter,  

soeben erschienen sei. Im Prospekt steht unter anderem:
詩可以群 sagte Konfuzius. Gedichte und Lieder sind für die Gemeinschaft. 詩终不群 schreibt Yi Sha. Poesie ist letzlich nicht kollektivierbar. Das war ein Motto auf der Jahresausstellung der Universität für Angewandte Kunst in Wien von 2015. Yi Sha 伊沙 war schon fünf Mal in der NZZ, seit 2013. Er war auch in der FAZ und in vielen anderen Medien, ist in Arizona und in Vermont, in Schweden und England, in Rotterdam, Wien und Graz aufgetreten. 
Ich habe den ersten Band erworben und gelesen. Er hat mich nicht gerade vom Stockerl gerissen. Entspricht dem Durchschnitt, dem Massengesschmack, der politischen Korrektheit, dem Kalkül, dem annehmbaren Protest, dem zirkusähnlichen Getue der Poetry-Slam-Generation, einer gewissen Oberflächlichkeit, wie sie das schnelle Vielschreiben bedingt (er, 1966 geboren, habe ca. 100 Bücher im, In- und Ausland publiziert). 

Die werbenden Hinweise, oben zitiert, vervollständigen für mich dieses Bild der Dürftigkeit und Anbiederung. "Gedichte sind für die Gemeinschaft." Was für ein Gemeinplatz. Nein, sie sind zum Tapezieren in verlassenen Hochhäusern, wo die Kreativen krank darniederliegen. "Poesie ist letztlich nicht kollektivierbar." Na sowas. Letzlich nicht. Aber irgendwie doch. Sonst müsste es nicht so ewig lang dauern, bis schlussendlich, letztlich, zu schlechter Letzt, die Kollektivierung nicht funktioniert. Was statt dessen? Der Individualismus? Welcher? Der koreanischer, chinesischer, japanischer, indischer Art? Moslemischer? Westlicher (als ob der einheitlich wäre!)? Es lebe also die nicht kollektivierbare Poesie. Weshalb ähneln sich aber dann die Rapper beiderlei Geschlechts, pardon, ich habe die Zwitterwesen missachtet, also dreierlei Geschlechts, die Slammer so chic, so stereotyp, so eingepasst, so angepasst sogart im vermeintlichen Protest? Ist DAS das Nichtkollektivierte? Und was soll die peinliche Aufzählung wo überall Yi Sha erwähnt wurde? Da reicht es als Qualitätsurteil schon, dass er öfters Eingang in die Seiten der NZZ fand, dass er in X Städten weilte. Ja, das ist natürlich individuell und von besonderer Güte, höchster Qualität, wenn einer in soo berühmten Städten wie Wien und Graz auftritt, in Arizona, Vermont, Schwenden und England (da werden nur die Länder genannt, nicht die Städte, schon gar nicht die "Location"). Die tapferen Kulturbarden berufen sich, ganz wie die anders  Erfolgreichen, die auch nicht kollektivierbar sind, auf Symbole, auf Kürzel, um das undifferenzierte Quotendenken, von dem Wichtigkeit, Bedeutsamkeit, Erfolg und Qualität abgelesen wird, zu teilen und zu befriedigen. Ganz individuell.



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