Mittwoch, 6. Januar 2016

100 Jahre DADA

DADA ist alt geworden, wie alles, was einmal geworden war und trotz Vergangensein weiterlebt, zumindest in der Erinnerung bzw. der daraus abgeleiteten Kulturpflege.

DADA, das Hatzprogramm rabiater Spießer, die Tollerei von Künstlern, die sich von den Tatmenschen, die sie kritisiereten, nur durch ihr Toben im Symbolischen unterschieden (sie forderten zu Gewalt, Folter und Mord auf, aber "bloss" auf der Bühne oder in Galerien), nicht jedoch in der martialischen Sprache, im rüden Kommandoton, ganz ähnlich wie die Faschisten oder Nationalsozialisten, frech, bekümmert, böse, eitel.

Zum Gedenken werden neue Bücher die lange Reihe von Fachpublikationen und geilen Bildbänden ergänzen, werden Fernsehdokumentationen unterhalten und den "kritischen" Geist der "Widerständler" herauskehren. Ein tiefes und breites Missverständnis.

Eine Ahnung dieses Missverständnisses ist auch aus dem Artikel von Roman Bucheli vom 5.1.2016 in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG herauszulesen; im Schlussabsatz heißt es:

Wenn ein ernüchterter Hugo Ball nun zwei Jahre später als Hohepriester der Sinnlosigkeit auf die Bühne trat, war das vielleicht ein einziges Missverständnis. Ball führte angesichts des grossen Mordens nicht nur die Ohnmacht des Wortes und der Kunst vor. Vielleicht trieb ihn noch mehr das Erschrecken über sich selbst auf die Bühne. Er hatte das Wort in den Dienst am Krieg gestellt. Nun war es ihm schal geworden, und er vermochte nur noch zu stammeln. Als Dichter hatte er einmal etwas sagen wollen, das sollte ihm nun nicht wieder passieren. Mit dieser ganz neuen Kunstrichtung indessen wollte Hugo Ball dann schon nichts mehr zu tun haben. Er kehrte Dada noch im gleichen Jahr den Rücken.

Sehr bemerkenswert ist Buchelis urteilende Anmerkung: " Er hatte das Wort in den Dienst am Krieg gestellt. Nun war es ihm schal geworden, und er vermochte nur noch zu stammeln." Darin zeigt sich sofort klar der Unterschied zu Karl Kraus, der, anders als Hugo Ball, heute noch als selbsthasssender Jude bei vielen verschrien ist, der aber nie sein Wort dem Krieg lieh, sondern im Gegenteil immer gegen den Krieg schrieb und redete und auftrat, auch wenn er schwieg. Er war eben kein Dadaist. Und unsere Zeit mag wieder Dadaisten.

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