Sonntag, 25. Juni 2017

Nietzsche, Die Fröhliche Wissenschaft, 4. Buch 300

300.

Vorspiele der Wissenschaft. — Glaubt ihr denn, dass die Wissenschaften entstanden und gross geworden wären, wenn ihnen nicht die Zauberer, Alchymisten, Astrologen und Hexen vorangelaufen wären als Die, welche mit ihren Verheissungen und Vorspiegelungen erst Durst, Hunger und Wohlgeschmack an verborgenen und verbotenen Mächten schaffen mussten? Ja, dass unendlich mehr hat verheissen werden müssen, als je erfüllt werden kann, damit überhaupt Etwas im Reiche der Erkenntniss sich erfülle? — Vielleicht erscheint in gleicher Weise, wie uns sich hier Vorspiele und Vorübungen der Wissenschaft darstellen, die durchaus nicht als solche geübt und empfunden wurden, auch irgend einem fernen Zeitalter die gesammte Religion als Uebung und Vorspiel: vielleicht könnte sie das seltsame Mittel dazu gewesen sein, dass einmal einzelne Menschen die ganze Selbstgenügsamkeit eines Gottes und alle seine Kraft der Selbsterlösung geniessen können: Ja! — darf man fragen — würde denn der Mensch überhaupt ohne jene religiöse Schule und Vorgeschichte es gelernt haben, nach sich Hunger und Durst zu spüren und aus sich Sattheit und Fülle zu nehmen? Musste Prometheus erst wähnen, das Licht gestohlen zu haben und dafür büssen, — um endlich zu entdecken, dass er das Licht geschaffen habe, indem er nach dem Lichte begehrte, und dass nicht nur der Mensch, sondern auch der Gott das Werk seiner Hände und Thon in seinen Händen gewesen sei? Alles nur Bilder des Bildners? — ebenso wie der Wahn, der Diebstahl, der Kaukasus, der Geier und die ganze tragische Prometheia aller Erkennenden?

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